Zeitgenössisches mit Vertikalen

„Speculation on Drawing Curtains“ heißt eine Rauminstallation der 25-jährigen Linzerin Corinna Rudlstorfer. Das Projekt war Teil ihrer Diplomarbeit im Bereich „Bildhauerei – transmedialer Raum“ an der Kunstuni Linz, die sie im Sommer präsentiert hat.
Wir haben mit Vertikaljalousien das Material dafür gesponsert.

„Speculation on Drawing Curtains“ zeigt – wie wir meinen recht eindrucksvoll – was zeitgenössische Kunst und ihre Herangehensweise bewirken können. Die Dinge nämlich aus einer völlig neuen, unbekannten und überraschenden Perspektive zu sehen und weiterzudenken. Rudlstorfer schafft mit von der Decke hängenden Lamellenvorhängen in weißen und dezenten Farbtönen Raumsituationen. Je nach Stellung der Lamellen und Standort des Betrachters entstehen immer neue Raumaspekte. Der Raum wird mit Nischen, blickdicht geschlossenen oder durchsichtigen Wänden neu gegliedert.


Wandel der Wahrnehmung

„Ich möchte zeigen, wie leichte, fragile Materialien allein durch ihre Stellung Raumsituationen schaffen können. 90 Grad Unterschied in der Positionierung bewirken einen enormen Wandel in der Wahrnehmung. So spielt die Diskrepanz zwischen sichtbarem und begehbarem Raum eine Rolle“, erzählt Rudlstorfer. Als künstlerischer Aspekt interessiert sie auch – und das war der Grundgedanke für diese Rauminstallation – das Potenzial spezieller Objekte, Dinge sichtbar beziehungsweise unsichtbar zu machen.

Variabilität im Raum

Die Vorhänge der Installation haben eine Besonderheit: Sie bewegen sich. Die Bewegung erfolgt entlang der Vorhangschiene, wobei die Vorhänge Strecken zurücklegen, indem sie sich öffnen, schließen oder ihre Lamellenstellung ändern. „Die Objekte scheinen also ein Eigenleben entwickelt zu haben, das sie einer für den Raum entwickelten Choreographie folgen lässt. Auch damit entsteht Variabilität im Raum, Durchgänge, geschlossene oder offene Abtrennungen tauchen auf und verschwinden wieder“, schildert Corinna Rudlstorfer.

Die Macht der Dinge

Die Künstlerin nimmt in ihrer Arbeit Bezug auf einen weiteren, aktuellen Aspekt: Mit zunehmender Technisierung vermenschlichen wir die Dinge – Hersteller geben ihren Möbelstücken Namen, Mobiltelefone sprechen mit uns, „Den Dingen wird eine gewisse Handlungsmacht zugeschrieben. Diesen Aspekt greife ich auf, indem das Publikum eingeladen wird, sich mit und durch die Vorhänge zu bewegen und so gleichzeitig Teil des Spieles zu werden.

Die Interaktionsmöglichkeiten werden dabei von der Stellung der Vorhänge gelenkt.“ Sind es also die Dinge, die den Menschen anleiten, oder ist es der Mensch, der die Dinge anleitet?

„Speculation on Drawing Curtains“ macht die hier zunehmend verschwimmenden Grenzen deutlich – und bietet viel Stoff zum Reflektieren.

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